Samstag, 29. Januar 2011
Gustav Klimt: Adele Bloch-Bauer I
Das Bildnis der "Adele Bloch-Bauer I", auch "Goldene Adele" genannt, ist ein Gemälde des Malers Gustav Klimt (1862-1918). Das Bild gilt als eines der bedeutendsten Werke Klimts, wie auch des österreichischen Jugendstils insgesamt. Im Zuge der Medienberichterstattung rund um die Rückgabe des Gemäldes an die Erben durch die Republik Österreich wurde sie mitunter als "Ikone" der kulturellen Identität des Landes bezeichnet. 2006 wurde das Gemälde für den Rekordpreis von 135 Millionen Dollar, dem bis dahin höchsten Preis, der je für ein Gemälde gezahlt wurde, von dem US-amerikanischen Unternehmer Ronald Lauder für die von ihm gegründete Neue Galerie in Manhattan (New York) erworben.
Adele Bloch-Bauer I ist ein Ölgemälde mit umfangreichen Blattsilber- und Blattgoldauflagen auf Leinwand im Format 138 x 138 Zentimeter. Der Gesamteindruck des Bildes wird von Gesicht und Händen im rechten oberen Viertel beherrscht, die, realistisch dargestellt, gegenüber dem ornamental fließenden Goldton des restlichen Bildes hervortreten und den Blick des Betrachters auf sich ziehen. Die Bildkomposition ist vertikal deutlich in zwei Hälften geteilt: In der rechten Hälfte ist Adele Bloch-Bauer dargestellt, die linke Hälfte ist dagegen fast leer, zeigt einen lediglich angedeuteten Innenraum, in dem im unteren Drittel des Bildes der weite Saum des Kleides oder Mantels der Porträtierten hineinreicht. Gustav Klimt hat auf die Andeutung einer Raumwirkung weitgehend verzichtet, so dass das Gemälde insgesamt flach wirkt. Die skizzierte Räumlichkeit tritt hinter der ornamentalen Qualität des goldenen Bildgrundes zurück, in dem Wohnraum, Sessel und Kleid flächenhaft nebeneinander gesetzt sind.
Die schmale Figur steht scheinbar aufrecht, sitzt oder lehnt jedoch bei genauerem Hinsehen auf einem Polstersessel und nimmt die gesamte Vertikale des Bildes ein, der Kopf scheint am oberen Bildrand geradezu abgeschnitten. Die dunklen aufgesteckten Haare und der überproportional große rote Mund betonen die im Kontrast extrem bleiche, weiß-bläulich wirkende Haut, die durch das enganliegende Trägerkleid an Dekolletee und Armen freigegeben wird. Adele Bloch-Bauer hält die Hände vor der Brust lose ineinander gelegt und blickt den Betrachter direkt an. Um das enge Kleid breitet sich ein weites Tuch oder ein Mantel, der von den Armen ausgehend seitlich weit auseinderfließend bis an die Bildränder ausgreift.
Kleid, Mantel, Sessel und Bildgrund sind vorwiegend mit Gold belegt. Das enge Kleid zeigt am oberen Abschluss eine schmale Leiste teils linienhafter Rechtecke und einen breiteren Abschnitt mit einer Doppelreihe hoher, schlanker Dreiecke. Daran schließt ein Muster aus quer angeordneten stilisierten Augen an, die von großen flachen Dreiecken umfasst sind. Das Kleid wirkt insgesamt etwas dunkler als der umgebende Mantel mit seinen eingestreuten Ornamenten aus Spiralen und blattartigen Symbolen und angedeutetem Faltenwurf. Der ebenfalls goldene Sessel ist vom Bildgrund nur durch seine mit Spiralmuster gestaltete Oberfläche zu unterscheiden, Schattenwurf oder Konturen fehlen ganz oder sind nur sparsam angedeutet.
Hinter Oberkörper und Kopf sind zwei große viereckige Flächen, möglicherweise Kissen erkennbar, die das helle Gesicht vor den dunklen Farbtöne und kleinteiligen Ornamenten hervortreten lassen. Die linke Bildhälfte könnte für die Wand eines Innenraums stehen. Sie ist flächig golden marmoriert, das untere Viertel ist grün gehalten und von der goldenen Fläche mit einer schwarz-weißen Bordüre abgesetzt. Es könnte sich dabei um eine angedeutete Wandtäfelung oder Wandmalerei, aber auch um einen Fußboden handeln.
Das Gemälde zeigt Adele Bloch-Bauer (1881–1925), Tochter des Generaldirektors des Wiener Bankvereins Moritz Bauer, im Alter von etwa 26 Jahren. Adele Bauer hatte 1899, im Alter von 18 Jahren, den deutlich älteren Ferdinand Bloch (1864–1945) geheiratet. Bereits zuvor hatte ihre Schwester Maria Therese Bauer, genannt Thedy, Gustav Bloch, den Bruder Ferdinands zum Mann genommen. Beide Familien nahmen den Namen Bloch-Bauer an. Sie zählten zum kulturell aufgeschlossenen jüdischen Großbürgertum Wiens in der Zeit des Fin de siècle. Ferdinand Bloch selbst hatte die Zuckerfabrik seines Vaters erfolgreich zu einem europaweit tätigen Unternehmen gemacht. Im Salon von Adele und Ferdinand Bloch-Bauer trafen sich Künstler, Schriftsteller und sozialdemokratische Politiker wie Karl Renner, der spätere erste Staatskanzler der Republik, und Julius Tandler.
Maria Altmann (*1916), die Nichte Adele Bloch-Bauers und Erbin des Bildes, beschrieb ihre Tante folgendermaßen: „Leidend, immer mit Kopfweh, rauchend wie ein Schlot, furchtbar zart und dunkel. Ein durchgeistigtes Gesicht, süffisant, elegant.“ Unter den Künstlern, die von dem Paar unterstützt wurden, war auch Gustav Klimt, den schon seit 1899 eine Freundschaft mit Adele Bloch-Bauer verband. Bereits 1901 vollendete er das Porträt Judith I, einen Halbakt zur biblischen Figur Judith, bei dem Adele Bloch-Bauer als Modell diente, ohne dass dies bekannt wurde. 1909 entstand Judith II und auch bei diesem Bild wurde sehr wahrscheinlich Adele dargestellt. Neben dem Bildnis Adele Bloch-Bauer I kaufte Ferdinand Bloch-Bauer noch ein weiteres Portrait seiner Gattin, Adele Bloch-Bauer II (1912), sowie vier Landschaftsbilder des Malers: Birkenwald (1903), Schloß Kammer am Attersee III (1910), Apfelbaum I (um 1912) und Häuser in Unterach (um 1916). Auch das Bildnis Amalie Zuckerkandl (1917/18) wurde von Bloch-Bauer erworben.
Das Bild Adele Bloch-Bauer I wurde direkt nach der Fertigstellung 1907 im Atelier des Künstlers in Wien ausgestellt und tauchte im gleichen Jahr erstmalig mit Abbildung in der Zeitschrift Deutsche Kunst und Dekoration auf. Im gleichen Jahr konnte es auch bei der Internationalen Kunstausstellung in Mannheim betrachtet werden, ein Jahr später hing es in der Kunstschau Wien. 1910 war es Bestandteil der Ausstellung im Klimt-Saal der IX. Esposizione Internazionale di Venezia. Bis 1918 nahm das Bild an keiner weiteren Ausstellung teil und hing bei Ferdinand Bloch und Adele Bloch-Bauer, dann wurde es im Kunsthaus Zürich präsentiert. Von 1918 bis 1921 hing es dann als Leihgabe in der Österreichischen Staatsgalerie.
Als Adele Bloch-Bauer am 24. Januar 1925 starb, hinterließ sie in ihrem Testament den Wunsch, ihr Mann möge die Klimt-Bilder in seinem Besitz seinerseits testamentarisch der Österreichischen Galerie vermachen. Im Verlassenschaftsverfahren sagte er zu, ihren Wunsch zu erfüllen. Eines der Landschaftsbilder (Schloss Kammer am Attersee III) schenkte er 1936 der Österreichischen Galerie im Schloss Belvedere. Adele Bloch-Bauer I wurde 1937 noch in Paris in der Exposition d'Art Autrichien sowie in Bern präsentiert. Als Österreich im März 1938 mit dem „Anschluss“ Teil des Deutschen Reiches unter der Diktatur der Nationalsozialisten wurde, floh er zuerst in die Tschechoslowakei und dann in die Schweiz. Die Gemälde waren, wie der Großteil seines übrigen Besitzes, in Österreich verblieben. Sein Sommerhaus in der Tschechoslowakei wurde nach der Annexion des Landes von Reinhard Heydrich bewohnt. Ferdinand Bloch-Bauer starb am 13. November 1945 in Zürich. Zuvor hatte er noch alle Schenkungen an österreichische Museen widerrufen.
Vermögen und Kunstsammlung wurden von den Nationalsozialisten, wie das der anderen geflohenen jüdischen Bürger, auf Basis eines am 24. April 1938 vom Finanzamt der Wieden in Wien eingeleiteten Steuerverfahrens enteignet. Aktien seiner Zuckerfabrik, die er zur Sicherheit in der Schweiz treuhändisch in einer Bank deponiert hatte, wurden von dieser weit unter Wert an den deutschen Investor Clemens Auer verkauft. Über das in Österreich verbliebene feste und bewegliche Eigentum verfügte, gemäß den Gesetzen im Deutschen Reich, der Anwalt Friedrich Führer als von staatlicher Seite eingesetzter kommissarischer Verwalter. Der verkaufte den gesamten Besitz, das Palais, die Fabrik, die etwa 400 Exponate umfassende Porzellansammlung, Gemälde aus dem 19. Jahrhundert und Tapisserien. Die Bilder von Klimt, darunter Adele Bloch-Bauer I, konnte er zunächst nicht veräußern, da die Werke nicht dem Geschmack der nationalsozialistischen Kunstfunktionäre entsprachen. 1941 schließlich kaufte die Österreichische Galerie, die Klimt-Bilder Adele Bloch-Bauer I und Apfelbaum I.
Das Ehepaar Bloch-Bauer hatte keine Kinder. Als Erben hatte Ferdinand Bloch die Kinder seines Bruders und seiner Schwägerin, Maria Altmann, Luise Gutmann und Robert Bentley, eingesetzt. Noch kurz vor seinem Tod, nach dem Kriegsende 1945, hatte Bloch-Bauer den Wiener Anwalt Dr. Rinesch beauftragt, sich für die Rückgabe seines, von den Nationalsozialisten geraubten, Vermögen einzusetzen. Rinesch befolgte diesen Auftrag auch nach dem Tod Bloch-Bauers als Rechtsvertreter der Erben. Diese erhielten jedoch nur Teile ihres Erbes. Auf Grund der im Österreich der Nachkriegszeit üblichen Vorgehensweise, die Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen bei der Rückgabe „arisierter“ Güter, mit der „Schenkung“ weitere Teile dieser Vermögen an die Republik zu junktimieren, behielt das Land die Klimt-Bilder ein. Sie verblieben als Prunkstücke der Sammlung in der Österreichischen Galerie.
1998 wurde in Österreich das Kunstrückgabegesetz beschlossen, das auch das Recht für jeden interessierten Bürger umfasste, in die Unterlagen der staatlichen Museen und Galerien Einsicht zu nehmen, die Aufschluss darüber gaben, wie Kunstwerke erworben worden waren. Der Journalist Hubertus Czernin, der während seiner Recherchen auch diese Archive durchsah, informierte die Erben Ferdinand Bloch-Bauers über die Umstände, wie die Klimt-Bilder nach dem Krieg in den Besitz der Republik gekommen waren (das Einsichtsrecht wurde nach wenigen Wochen durch ministerielle Weisung wieder unwirksam). Maria Altmann, die seit ihrer Flucht vor den Nationalsozialisten in den USA lebt, suchte um Rückgabe ihres Erbes an, was von der zuständigen Ministerin Elisabeth Gehrer abgelehnt wurde, welche die Erben aufforderte, ihr Recht doch einzuklagen. Sie vertrat die Auffassung, das Bild sei gemäß Adele Bloch-Bauers letztem Willem rechtmäßig in den Besitz der Österreichischen Galerie übergegangen.
2005 schließlich wurde, nach Einbringung einer Klage gegen die Republik Österreich durch Maria Altmann, auch im Namen der in Kanada lebenden Nachkommen ihrer Geschwister, ein Schiedsgericht (Dr. Andeas Nödl, Dr. Walter H. Rechberger, Dr. Peter Rummel) einberufen, das in seiner Entscheidung am 15. Januar 2006 festhielt, dass „die Voraussetzungen des Bundesgesetzes über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Galerien vom 14. Dezember 1998 BGBI I Nr. 181/1998, für eine unentgeltliche Rückgabe der [...] Bilder an die Erben erfüllt sind. Nachdem die Republik Österreich auf das ihr eingeräumte Vorkaufsrecht, die fünf Bilder (Adele Bloch-Bauer I, Adele Bloch-Bauer II, Apfelbaum I, Buchenwald/Birkenwald und Häuser in Unterach am Attersee) mit einem Schätzwert von 300 Mio. Dollar (ca. 250 Mio. Euro) zu erwerben, verzichtet hatte, wurden die Bilder am 14. Februar nach Los Angeles gebracht, wo Maria Altmann seit 1942, seit ihrer Flucht über die Niederlande und England, lebt. Dort wurden sie zunächst im Los Angeles County Museum of Art gezeigt.

NEUE GALERIE NEW YORK
Am 19. Juni 2006 berichteten Zeitungen, dass der Unternehmer Ronald S. Lauder das Portrait Adele Bloch-Bauers für 135 Millionen US-Dollar erworben hat. Es war der höchste bekannte Preis, der jemals für ein Gemälde bezahlt worden war. Eine offizielle Bestätigung des Preises von Seiten Lauders oder des Anwalts Maria Altmanns lag vorerst nicht vor, letzterer bestätigte nur, dass der Preis deutlich über jenem des bislang teuersten Gemäldes, Pablo Picassos Garçon à la pipe (2004: 104,1 Mio. US-Dollar) lag. Bereits im November 2006 übertraf der Verkaufserlös des Gemäldes No. 5, 1948 von Jackson Pollock diesen kurzfristigen Rekord. Das Bild Adele Bloch-Bauer I wird seit dem 12. Juli in der, im Jahr 2001 von Lauder mitgegründeten, Neuen Galerie New York in Manhattan ausgestellt, deren Sammlungs-schwerpunkt die österreichische und deutsche Kunst um 1900 bildet.
Beschreibung des Gemäldes
Adele Bloch-Bauer I ist ein Ölgemälde mit umfangreichen Blattsilber- und Blattgoldauflagen auf Leinwand im Format 138 x 138 Zentimeter. Der Gesamteindruck des Bildes wird von Gesicht und Händen im rechten oberen Viertel beherrscht, die, realistisch dargestellt, gegenüber dem ornamental fließenden Goldton des restlichen Bildes hervortreten und den Blick des Betrachters auf sich ziehen. Die Bildkomposition ist vertikal deutlich in zwei Hälften geteilt: In der rechten Hälfte ist Adele Bloch-Bauer dargestellt, die linke Hälfte ist dagegen fast leer, zeigt einen lediglich angedeuteten Innenraum, in dem im unteren Drittel des Bildes der weite Saum des Kleides oder Mantels der Porträtierten hineinreicht. Gustav Klimt hat auf die Andeutung einer Raumwirkung weitgehend verzichtet, so dass das Gemälde insgesamt flach wirkt. Die skizzierte Räumlichkeit tritt hinter der ornamentalen Qualität des goldenen Bildgrundes zurück, in dem Wohnraum, Sessel und Kleid flächenhaft nebeneinander gesetzt sind.
Die schmale Figur steht scheinbar aufrecht, sitzt oder lehnt jedoch bei genauerem Hinsehen auf einem Polstersessel und nimmt die gesamte Vertikale des Bildes ein, der Kopf scheint am oberen Bildrand geradezu abgeschnitten. Die dunklen aufgesteckten Haare und der überproportional große rote Mund betonen die im Kontrast extrem bleiche, weiß-bläulich wirkende Haut, die durch das enganliegende Trägerkleid an Dekolletee und Armen freigegeben wird. Adele Bloch-Bauer hält die Hände vor der Brust lose ineinander gelegt und blickt den Betrachter direkt an. Um das enge Kleid breitet sich ein weites Tuch oder ein Mantel, der von den Armen ausgehend seitlich weit auseinderfließend bis an die Bildränder ausgreift.
Kleid, Mantel, Sessel und Bildgrund sind vorwiegend mit Gold belegt. Das enge Kleid zeigt am oberen Abschluss eine schmale Leiste teils linienhafter Rechtecke und einen breiteren Abschnitt mit einer Doppelreihe hoher, schlanker Dreiecke. Daran schließt ein Muster aus quer angeordneten stilisierten Augen an, die von großen flachen Dreiecken umfasst sind. Das Kleid wirkt insgesamt etwas dunkler als der umgebende Mantel mit seinen eingestreuten Ornamenten aus Spiralen und blattartigen Symbolen und angedeutetem Faltenwurf. Der ebenfalls goldene Sessel ist vom Bildgrund nur durch seine mit Spiralmuster gestaltete Oberfläche zu unterscheiden, Schattenwurf oder Konturen fehlen ganz oder sind nur sparsam angedeutet.
Hinter Oberkörper und Kopf sind zwei große viereckige Flächen, möglicherweise Kissen erkennbar, die das helle Gesicht vor den dunklen Farbtöne und kleinteiligen Ornamenten hervortreten lassen. Die linke Bildhälfte könnte für die Wand eines Innenraums stehen. Sie ist flächig golden marmoriert, das untere Viertel ist grün gehalten und von der goldenen Fläche mit einer schwarz-weißen Bordüre abgesetzt. Es könnte sich dabei um eine angedeutete Wandtäfelung oder Wandmalerei, aber auch um einen Fußboden handeln.
Das Motiv
Das Gemälde zeigt Adele Bloch-Bauer (1881–1925), Tochter des Generaldirektors des Wiener Bankvereins Moritz Bauer, im Alter von etwa 26 Jahren. Adele Bauer hatte 1899, im Alter von 18 Jahren, den deutlich älteren Ferdinand Bloch (1864–1945) geheiratet. Bereits zuvor hatte ihre Schwester Maria Therese Bauer, genannt Thedy, Gustav Bloch, den Bruder Ferdinands zum Mann genommen. Beide Familien nahmen den Namen Bloch-Bauer an. Sie zählten zum kulturell aufgeschlossenen jüdischen Großbürgertum Wiens in der Zeit des Fin de siècle. Ferdinand Bloch selbst hatte die Zuckerfabrik seines Vaters erfolgreich zu einem europaweit tätigen Unternehmen gemacht. Im Salon von Adele und Ferdinand Bloch-Bauer trafen sich Künstler, Schriftsteller und sozialdemokratische Politiker wie Karl Renner, der spätere erste Staatskanzler der Republik, und Julius Tandler.
Maria Altmann (*1916), die Nichte Adele Bloch-Bauers und Erbin des Bildes, beschrieb ihre Tante folgendermaßen: „Leidend, immer mit Kopfweh, rauchend wie ein Schlot, furchtbar zart und dunkel. Ein durchgeistigtes Gesicht, süffisant, elegant.“ Unter den Künstlern, die von dem Paar unterstützt wurden, war auch Gustav Klimt, den schon seit 1899 eine Freundschaft mit Adele Bloch-Bauer verband. Bereits 1901 vollendete er das Porträt Judith I, einen Halbakt zur biblischen Figur Judith, bei dem Adele Bloch-Bauer als Modell diente, ohne dass dies bekannt wurde. 1909 entstand Judith II und auch bei diesem Bild wurde sehr wahrscheinlich Adele dargestellt. Neben dem Bildnis Adele Bloch-Bauer I kaufte Ferdinand Bloch-Bauer noch ein weiteres Portrait seiner Gattin, Adele Bloch-Bauer II (1912), sowie vier Landschaftsbilder des Malers: Birkenwald (1903), Schloß Kammer am Attersee III (1910), Apfelbaum I (um 1912) und Häuser in Unterach (um 1916). Auch das Bildnis Amalie Zuckerkandl (1917/18) wurde von Bloch-Bauer erworben.
Geschichte des Gemäldes
Das Bild Adele Bloch-Bauer I wurde direkt nach der Fertigstellung 1907 im Atelier des Künstlers in Wien ausgestellt und tauchte im gleichen Jahr erstmalig mit Abbildung in der Zeitschrift Deutsche Kunst und Dekoration auf. Im gleichen Jahr konnte es auch bei der Internationalen Kunstausstellung in Mannheim betrachtet werden, ein Jahr später hing es in der Kunstschau Wien. 1910 war es Bestandteil der Ausstellung im Klimt-Saal der IX. Esposizione Internazionale di Venezia. Bis 1918 nahm das Bild an keiner weiteren Ausstellung teil und hing bei Ferdinand Bloch und Adele Bloch-Bauer, dann wurde es im Kunsthaus Zürich präsentiert. Von 1918 bis 1921 hing es dann als Leihgabe in der Österreichischen Staatsgalerie.
Als Adele Bloch-Bauer am 24. Januar 1925 starb, hinterließ sie in ihrem Testament den Wunsch, ihr Mann möge die Klimt-Bilder in seinem Besitz seinerseits testamentarisch der Österreichischen Galerie vermachen. Im Verlassenschaftsverfahren sagte er zu, ihren Wunsch zu erfüllen. Eines der Landschaftsbilder (Schloss Kammer am Attersee III) schenkte er 1936 der Österreichischen Galerie im Schloss Belvedere. Adele Bloch-Bauer I wurde 1937 noch in Paris in der Exposition d'Art Autrichien sowie in Bern präsentiert. Als Österreich im März 1938 mit dem „Anschluss“ Teil des Deutschen Reiches unter der Diktatur der Nationalsozialisten wurde, floh er zuerst in die Tschechoslowakei und dann in die Schweiz. Die Gemälde waren, wie der Großteil seines übrigen Besitzes, in Österreich verblieben. Sein Sommerhaus in der Tschechoslowakei wurde nach der Annexion des Landes von Reinhard Heydrich bewohnt. Ferdinand Bloch-Bauer starb am 13. November 1945 in Zürich. Zuvor hatte er noch alle Schenkungen an österreichische Museen widerrufen.
Vermögen und Kunstsammlung wurden von den Nationalsozialisten, wie das der anderen geflohenen jüdischen Bürger, auf Basis eines am 24. April 1938 vom Finanzamt der Wieden in Wien eingeleiteten Steuerverfahrens enteignet. Aktien seiner Zuckerfabrik, die er zur Sicherheit in der Schweiz treuhändisch in einer Bank deponiert hatte, wurden von dieser weit unter Wert an den deutschen Investor Clemens Auer verkauft. Über das in Österreich verbliebene feste und bewegliche Eigentum verfügte, gemäß den Gesetzen im Deutschen Reich, der Anwalt Friedrich Führer als von staatlicher Seite eingesetzter kommissarischer Verwalter. Der verkaufte den gesamten Besitz, das Palais, die Fabrik, die etwa 400 Exponate umfassende Porzellansammlung, Gemälde aus dem 19. Jahrhundert und Tapisserien. Die Bilder von Klimt, darunter Adele Bloch-Bauer I, konnte er zunächst nicht veräußern, da die Werke nicht dem Geschmack der nationalsozialistischen Kunstfunktionäre entsprachen. 1941 schließlich kaufte die Österreichische Galerie, die Klimt-Bilder Adele Bloch-Bauer I und Apfelbaum I.
Das Ehepaar Bloch-Bauer hatte keine Kinder. Als Erben hatte Ferdinand Bloch die Kinder seines Bruders und seiner Schwägerin, Maria Altmann, Luise Gutmann und Robert Bentley, eingesetzt. Noch kurz vor seinem Tod, nach dem Kriegsende 1945, hatte Bloch-Bauer den Wiener Anwalt Dr. Rinesch beauftragt, sich für die Rückgabe seines, von den Nationalsozialisten geraubten, Vermögen einzusetzen. Rinesch befolgte diesen Auftrag auch nach dem Tod Bloch-Bauers als Rechtsvertreter der Erben. Diese erhielten jedoch nur Teile ihres Erbes. Auf Grund der im Österreich der Nachkriegszeit üblichen Vorgehensweise, die Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen bei der Rückgabe „arisierter“ Güter, mit der „Schenkung“ weitere Teile dieser Vermögen an die Republik zu junktimieren, behielt das Land die Klimt-Bilder ein. Sie verblieben als Prunkstücke der Sammlung in der Österreichischen Galerie.
1998 wurde in Österreich das Kunstrückgabegesetz beschlossen, das auch das Recht für jeden interessierten Bürger umfasste, in die Unterlagen der staatlichen Museen und Galerien Einsicht zu nehmen, die Aufschluss darüber gaben, wie Kunstwerke erworben worden waren. Der Journalist Hubertus Czernin, der während seiner Recherchen auch diese Archive durchsah, informierte die Erben Ferdinand Bloch-Bauers über die Umstände, wie die Klimt-Bilder nach dem Krieg in den Besitz der Republik gekommen waren (das Einsichtsrecht wurde nach wenigen Wochen durch ministerielle Weisung wieder unwirksam). Maria Altmann, die seit ihrer Flucht vor den Nationalsozialisten in den USA lebt, suchte um Rückgabe ihres Erbes an, was von der zuständigen Ministerin Elisabeth Gehrer abgelehnt wurde, welche die Erben aufforderte, ihr Recht doch einzuklagen. Sie vertrat die Auffassung, das Bild sei gemäß Adele Bloch-Bauers letztem Willem rechtmäßig in den Besitz der Österreichischen Galerie übergegangen.
2005 schließlich wurde, nach Einbringung einer Klage gegen die Republik Österreich durch Maria Altmann, auch im Namen der in Kanada lebenden Nachkommen ihrer Geschwister, ein Schiedsgericht (Dr. Andeas Nödl, Dr. Walter H. Rechberger, Dr. Peter Rummel) einberufen, das in seiner Entscheidung am 15. Januar 2006 festhielt, dass „die Voraussetzungen des Bundesgesetzes über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Galerien vom 14. Dezember 1998 BGBI I Nr. 181/1998, für eine unentgeltliche Rückgabe der [...] Bilder an die Erben erfüllt sind. Nachdem die Republik Österreich auf das ihr eingeräumte Vorkaufsrecht, die fünf Bilder (Adele Bloch-Bauer I, Adele Bloch-Bauer II, Apfelbaum I, Buchenwald/Birkenwald und Häuser in Unterach am Attersee) mit einem Schätzwert von 300 Mio. Dollar (ca. 250 Mio. Euro) zu erwerben, verzichtet hatte, wurden die Bilder am 14. Februar nach Los Angeles gebracht, wo Maria Altmann seit 1942, seit ihrer Flucht über die Niederlande und England, lebt. Dort wurden sie zunächst im Los Angeles County Museum of Art gezeigt.
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